Zugang. Ich beschäftige mich in letzter Zeit recht viel mit dem Thema junge Goalies, vor allem als Lehrbeauftragter in der österreichischen Handball – Trainerausbildung, nach wie vor natürlich als Handball – Lehrer an der SMS Gföhl, aber auch aus Eigeninteresse, weil sich auch mein Sohn im Volksschulalter befindet, Handball spielt und immer mal wieder im Tor spielen möchte. Aber eben nicht dauernd, und das finde ich in diesem Alter auch völlig okay, weil ich der Meinung bin, dass die positionelle Spezialisierung auf „Goalie“ üblicherweise erst in der Sekundarstufe 1 passieren sollte.
Spieltage & Training. Da bin ich auch bei dem aus meiner Sicht wichtigsten Aspekt „Er möchte im Tor spielen“, also die Freiwilligkeit. Aus meiner Sicht ist es völlig okay, wenn von Turnier zu Turnier die Torhüter in einer Mannschaft immer wieder getauscht werden. Jede(r) darf im Tor spielen. Das gilt auch für den Trainingsbetrieb, die Kinder sollen sich ruhig abwechseln. Bei einer komplexen Übung gibt der Feldspieler dem Goalie einfach den Ball in die Hand, stellt sich ins Tor, und der ehemalige Goalie stellt sich mit dem neuen Ball als Feldspieler an. Diese Tryout – Phasen (zB für einen Übungsdurchlauf) im Training können je nach Situation variieren.
Praxis. Als ich in der Saison 2019/20 die U7 Mannschaft von Nick gemeinsam mit Markus Bamberger trainiert und bei den Spieltagen gecoacht habe, gab es in Bezug auf die Torhüterposition und Aufstellung bei den Turnieren immer dasselbe Prozedere:
Wir warteten immer ab, wie viele Kids tatsächlich erschienen. Und dann fragte ich: Wer will heute im Tor spielen? Die Kinder wussten immer schon, dass diese Frage kommt. Oft kam es vor, dass sie sich schon vorher untereinander abgesprochen hatten.
Dann wurden normalerweise Tormann Team A und Tormann Team B nominiert, und ihnen haben wir die Feldspieler zugeteilt, was auch mit dem Spielzeit – Konzept zu tun hat.
Ich bin übrigens diesbezüglich der Meinung, dass beide Teams in etwa gleich stark sein sollten und löse die Zuteilung am liebsten so, dass ich „Routiniers“ und „Newcomer“ fair aufteile. Stelle dir bei der Zusammenstellung der Teams vor, dass A gegen B in etwa unentschieden spielen soll. Je besser man eine Trainingsgruppe kennt, umso schneller kann man die Spieler nach bestimmten Kriterien einteilen.
Würde man sie in Leistungsgruppen aufteilen, wie es in den österreichischen Mittelschulen in den Hauptgegenständen vor gar nicht allzu langer Zeit noch üblich war, könnte sein, dass die zweite Leistungsgruppe nicht spielstark genug ist, zu viele Newcomer zB. Wenn dann in Summe zu wenig Spielfähigkeit vorhanden ist, kann es leicht zu einer „Mission Impossible“ werden und die Kids sind in der Folge womöglich frustriert. Deshalb aufteilen.
Die Haltung der Coaches muss allerdings dazu passen. Ihnen darf zB das Ergebnis nicht so wichtig sein wie das Erlebnis für die Kids, doch das ist ein anderes, wichtiges Thema.
Zurück zu den Goalies: Wenn die Coaches den Kids im jungen Alter ermöglichen, dass sie sowohl am Feld als auch im Tor spielen können, ist die Gruppe flexibler: Es gibt mehrere Aufstellungsmöglichkeiten, die Kinder können sich in mehreren Bereichen austesten, Erfahrungen machen und ausprobieren.
Es ist besser, wenn es mehrere Aspiranten für die Goalie Position gibt, als wenn nur eine Person im Tor spielen kann. Die ist dann womöglich plötzlich krank, und dann hat die Mannschaft vielleicht ein Problem.
Goalies Leitlinien 03/01/2021
1. Du weißt immer, wo dein Tor steht.
2. Du kannst meist mit 3 Sidesteps das gesamte Tor abdecken (die Florian Deifl Leitlinie).
3. Du stehst immer zwischen Ball und Tor, du bist also immer auf Ballhöhe.
4. Du bringst immer möglichst „viel“ Körper zwischen Ball und Tor.
5. Du siehst deine Handrücken links und rechts neben deinem Kopf.
6. Du verlagerst dein Gewicht auf den Vorderfuß.
7. Du kannst dich immer in alle Richtungen bewegen.
8. Du stehst gegen den Außen immer defensiver, je schlechter der Winkel wird.
9. Du stehst gegen den Außen immer offensiver, je besser der Winkel wird.
10. Du willst jeden Ball halten, egal warum der Ball auf das Tor kommt (die Werner Möstl Leitlinie).
Vor etwa zwei Jahren wurde ich das letzte Mal gebeten „etwas über die Goalies für die Jugendtrainer zusammenzuschreiben“, was ich gerne gemacht habe. Ich versuchte mich kurz zu fassen, entwarf diese zehn Leitlinien, gehe diese seither immer wieder durch und adaptiere sie regelmäßig.
Ich bin der Meinung, dass Goalies, die diese Leitlinien internalisiert haben, im Vorteil sind.
Im Training werden parallel zur Entwicklung dieser Leitlinien am besten spielerisch und vor allem entwicklungsabhängig die Goalie Techniken entwickelt. Hier dominieren die Top3:
1. Rückraum,
2. Außen und
3. Offensive Sprungtechnik.
Für mich sind die Leitlinien so etwas wie eine internalisierte Haltung, sie sind die Basis für das Training, so wie das Fundament für ein Bauwerk. Es gibt beispielsweise Freestyle – Häuser, feudale Promi – Villen, Mini – Burgen, manchmal Blechhütten, Reihenhäuser und Aussichtstürme. Alle brauchen ein stabiles Fundament. Kein Bauwerk gleicht dem anderen zu 100%, sogar Reihenhäuser, die auf den ersten Blick identisch aussehen, können im Inneren völlig unterschiedlich eingerichtet sein. Doch das ist ein eigenes Thema.
Was die allgemeinen Grundlagen betrifft, so vertrete ich die Auffassung, dass die interessierten Goalies in diesem Altersbereich alles mit den Feldspielern mitmachen sollen, was in der Trainingsplanung vorkommt.
So long! Coach Filz.
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